
Das RS-Virus (respiratorisches Synzytial-Virus oder kurz RSV) ist ein Atemwegsvirus, mit dem man sich in jedem Alter infizieren kann. Im ersten Lebensjahr infizieren sich ca. 60 – 70% der Kinder erstmalig mit dem RS-Virus.
Was versteht man unter einer RSV-Infektion?
Nach 3 Jahren mit strengen Hygienemaßnahmen aufgrund der Corona-Pandemie (Masken, Händehygiene, social-distancing, etc.) kehrten wir alle wieder mehr und mehr zur Normalität zurück. Dies bringt jedoch auch ein erhöhtes Infektionsrisiko mit für Kinderärzt:innen sehr gut bekannten Viruserkrankungen mit sich. Neben der echten Grippe (Influenza A und B) und SARS-Cov-2 infizieren sich die Kinder besonders häufig mit Parainfluenza-Viren („Pseudokrupp oder subglottische Laryngitis“) und RS-Viren. Gegen die beiden erstgenannten Infektionen stehen kostenlose Impfungen zur Vermeidung schwerer Krankheitsverläufe zur Verfügung! Zusätzlich kann regelmäßiges Händewaschen das Infektionsrisiko verringern.
Bis zum Ende des zweiten Lebensjahres hat nahezu jedes Kind bereits einmal eine RSV-Infektion durchgemacht. Die Symptome einer Infektion reichen von einer milden Erkältung bis hin zu einer schweren Lungenentzündung, die im Krankenhaus behandelt werden muss. Allgemein gilt: je jünger ein Kind, desto höher ist das Risiko für einen schwereren Verlauf. Von der Ansteckung bis zur Erkrankung vergehen durchschnittlich 5 Tage, gefolgt von meistens 8 Tage mit Krankheitssymptomen. Bereits 2 Tage nach der Ansteckung, also deutlich vor dem Auftreten der ersten Symptome, können Infizierte das Virus bereits übertragen. Die Infektion erfolgt durch Tröpfchen.
Was macht eine RSV-Infektion für die Kleinen so tückisch?
Das höchste Risiko für einen schweren Verlauf weisen kleine Säuglinge bis zu einem Alter von 6 Monaten auf. Das Virus greift das Lungengerüst an, was den Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid im Blut erschwert. Das Risiko eines schweren Verlaufes ist daher für ehemals Frühgeborene oder z.B. Kinder mit angeborenen Lungen- oder Herzerkrankungen noch einmal höher. Die RS-Virusinfektion führt zu einer Entzündung der kleinen Bronchien und Bronchiolen, also zu einer Entzündung in den Lungen, die man medizinisch als Bronchiolitis bezeichnet.
Was sind Alarmzeichen – wann soll man die Ärztin/den Arzt aufsuchen?
NASENFLÜGELN – KNISTERNDE und PFEIFENDE GERÄUSCHE IN DER AUSATMUNG – TRINKSCHWÄCHE – SICHTBAR ERSCHWERTE ATMUNG (INTERCOSTALE EINZIEHUNGEN) Eltern sollten alle Anzeichen ernst nehmen, die auf Atemnot hindeuten – etwa, wenn das Kind “kurzatmig“ ist oder besonders schnell atmet. Als Zeichen der angestrengten Atmung bewegen sich die Nasenflügel des Kindes beim Atmen besonders deutlich (= „Nasenflügeln“) oder man kann erkennen, dass sich mit jedem Atemzug die Haut zwischen den Rippen, unterhalb der Rippen (am Rippenbogen) oder in dem Grübchen oberhalb des Brustbeines am Hals nach innen zieht. Bei manchen Kindern kann auch eine „geräuschvolle“ Ausatmung mit Knistern, Zischen oder Pfeifen auffallen. Bei ganz kleinen Kindern bzw. Säuglingen, und hier besonders bei ehemaligen Frühgeborenen, kommt dann oft eine Trinkschwäche dazu. Spätestens wenn die Kinder weniger Harn auszuscheiden beginnen, dann sollten sie ihren Arzt/ihre Ärztin befragen bzw. aufsuchen. Diese können beurteilen, ob die verringerte Trinkmenge nur durch eine verstopfte Nase oder durch die Entzündung der kleinen Atemwege verursacht wird.
Ein weiteres Alarmzeichen sind bläulich verfärbte Lippen oder hohes Fieber.
Bläulich verfärbte Lippen weisen auf einen Sauerstoffmangel im Gewebe hin. Hohes Fieber kann darauf hinweisen, dass zusätzlich eine Infektion mit Bakterien vorliegt. RSV-Infektionen erleichtern andere Infektionen z.B. mit Pneumokokken. Beide Alarmzeichen müssen zu einer ärztlichen Vorstellung des Kindes führen.
Behandlung und Vorsichtsmaßnahmen:
Gegen das RS-Virus gibt es noch keine aktive Impfung. Für spezielle Risikogruppen (z.B. kleine Frühgeborene, Kinder mit angeborenen Herz- oder Lungenerkrankungen) steht eine passive Immunisierung zur Verfügung. Zur Vorbeugung schwerer Krankheitsverläufe ist die Verhinderung von zeitgleichen Infektionen mit SARS-Cov-2 oder Influenzaviren durch die kostenlosen Impfungen sinnvoll. Eine RSV-Infektion kann nicht mit Antibiotika behandelt werden. Dies ist nur dann sinnvoll, wenn der Verdacht auf eine bakterielle Begleitinfektion besteht. Grundsätzlich wie bei jeder Erkrankung: Achten Sie darauf, dass Ihr Kind ausreichend trinkt und als Ausdruck dessen auch ausreichend Harn ausscheidet. Im Falle einer Trinkschwäche durch die vermehrte Atemarbeit ist eine Verbesserung der Atmung durch Feuchthalten der Schleimhäute in den Luftwegen durch Inhalationen mit physiologischer Kochsalzlösung möglich. Bei manchen – insbesondere sehr kleinen Kindern – ist zusätzlich auch die Gabe von Sauerstoff oder eine Unterstützung der Atmung durch nicht-invasive Beatmungshilfen im Krankenhaus erforderlich. Insgesamt benötigen ca. 2% der Kinder eine ärztliche Behandlung. Ca. 2 von 1.000 Kindern erkranken kritisch und benötigen intensivmedizinische Maßnahmen, wobei Kinder in den ersten 6 Lebensmonaten und Kinder mit angeborenen Erkrankungen das höchste Risiko aufweisen. Kinder ab 2 Jahren und Erwachsene bewältigen RSVInfektionen meist ohne Probleme. Die zeitgerechte Durchführung der im kostenlosen Impfprogramm enthaltenen und vom nationalen Impfgremium empfohlenen Impfungen kann helfen,
Begleitinfektionen wie Influenza, Pneumokokken und SARS-Cov-2 und somit schwere Krankheitsverläufe durch RSViren zu verhindern. Massentestungen mit Abstrichen wie bei SARS-Cov-2 sind medizinisch nicht sinnvoll und auch nicht empfohlen. Mit Abklingen der Symptome sind Kinder auch nicht mehr infektiös. Ein „negativer Abstrich“ vor Wiedereintritt von genesenen Kindern in eine pädagogische Einrichtung ist daher auch nicht erforderlich. Vermeiden Sie mit Säuglingen und Kleinkindern jetzt größere Menschenansammlungen in geschlossenen Räumen insbesondere zu Personen mit Symptomen einer Atemwegsinfektion. Regelmäßiges Händewaschen kann das Infektionsrisiko verringern.
Quelle: Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde. Dr. Klaus Kapelari, Klinik für Pädiatrie 1, Medizinische Universität Innsbruck